ArtWalk Bremgarten zum Thema Vorurteile
Im Jahr 2022 entstand für den ArtWalk Bremgarten eine Installation an 6 Bäumen mit Skulpturen zum Thema «Vorurteile".
Der Hexenturm in Bremgarten erinnert an das dunkle Kapitel der Hexenverfolgung, die in Bremgarten bis ins 17. Jahrhundert andauerte. Er inspirierte mich tiefer in dieser Thematik zu graben.
Die Installationen befanden sich direkt vis-à-vis des Hexenturms an den Dreibockstützen der Bäume entlang des Augrabens. Es waren insgesamt sechs Installationen. Jede kann für sich allein angesehen werden und ist aber mit jeder anderen durch das gemeinsame Thema verbunden. Begebe Dich auf eine interessante Reise, die Dich zum Nachdenken anregen soll.
Weshalb wurden damals Menschen (vorwiegend Frauen) verfolgt und verurteilt?
Für negative Geschehnisse wie z.Bsp. Unwetter oder Krankheiten, welche Auswirkungen auf die ganze Bevölkerung oder auch einzelne Personen hatten, wurden Sündenböcke gesucht. Menschen, die anders aussahen oder aussergewöhnliche Fähigkeiten hatten, waren dafür gute Opfer.
Wie kam das?
Über solche Personen wurden VORURTEILE gefällt und Gerüchte in Umlauf gebracht. Beim Weitersagen verändert, verstärkt und angepasst, bis die Aussagen für eine Anklage oder Verurteilung der Person ausreichte. Dabei hatte auch die Kirche einen grossen Einfluss. Das ganze Himmel-Fegefeuer-Hölle-Konstrukt schüchterte die Menschen ein. Den Beschuldigten wurde auch oft angehängt, sie hätten einen Pakt mit dem Teufel geschlossen.
Die einzelnen Installationen
1 I VORURTEILE VERURTEILEN
Vorurteile sind Urteile, welche gefällt werden, ohne dass man die Hintergründe zu einer Person genauer kennt. Für die erste Installation habe ich einen Frauenkopf modelliert und davon Silikonnegative hergestellt. Damit konnte ich verschiedene Ansichten des Frauenkopfes aus Polyurethan anfertigen.
Sie symbolisieren die Hilf- und Machtlosigkeit dieser unschuldigen Frauen. Immer derselbe Frauenkopf steht für all die Frauen, denen Leid widerfahren ist. Durch ihr Äusseres oder aussergewöhnliche Fähigkeiten machten sie sich verdächtig, wurden von anderen Menschen in Verruf gebracht. Einmal als Hexe denunziert, verloren diese Menschen ihre Würde.
2 I VORURTEILSFALLE FIGUR STATUR
Vorurteile gründen meist bereits in unserer Jugend. Das, was uns die Eltern erzählen, verinnerlichen wir als Kinder. Wir schubladisieren viele solche Vorurteile unbewusst und agieren danach. Diese Vorurteile bestimmen in einem gewissen Mass unser Weltbild und das Bild, das wir von anderen Menschen haben. Oft werden Vorurteile erst in der Pubertät oder im Erwachsenenalter hinterfragt.
Vorurteile können zu Fallen werden. Ausgehend von der Form der Wühlmausfalle, die einem abstrakten Menschen ähnlich sieht, habe ich verschiedenste Staturen gebogen.
Welche Vorurteile hast Du automatisch über die Figur oder Statur anderer Menschen?
3 I VORURTEIL – URSPRUNG KULTUR
Die Schweiz ist mittlerweile multikulturell geworden. Man dreht sich im Bus nicht mehr um, wenn jemand mit anderer Hautfarbe einsteigt. Trotzdem müssen sich auch heute noch Menschen mit Migrationshintergrund vielfältigen Vorurteilen stellen. Allein die Hautfarbe sagt jedoch nichts über den Menschen, seinen Charakter, seine Bildung und seinen Hintergrund aus. Wer nur anhand der Hautfarbe urteilt, handelt rassistisch. Dabei werden Menschen abgewertet, ausgegrenzt und benachteiligt
Vorurteile bezüglich anderer Kulturen haben mit unserem Denken, mit unserer Einstellung gegenüber uns selbst und unserer Gruppe zu tun. Wir können nur etwas dagegen tun, wenn wir auch wissen wie rassistische Diskriminierung funktioniert.
Offenheit und Neugier helfen den ersten Schritt des Kennenlernens zu machen, denn andere Kulturen bereichern und ergänzen auf allen Ebenen unsere eigene Kultur. Die Platten aus unterschiedlichen Tonfarben mit verschiedenen Kopfformen und abstrakten Gesichtern symbolisieren das Miteinander von Menschen aller Kulturen.
Wie reagierst Du auf Menschen anderer Hautfarbe und welche Gedanken kommen Dir dabei als erstes in den Sinn?
4 I VORURTEIL – URKRAFT NATUR
Die Geschlechterthematik ist aktuell in aller Munde. Die Vorstellungen darüber, was Menschen eines bestimmten Geschlechts auszeichnet, wie sie sich verhalten und was für sie typisch ist, sind vielfältig. Vor allem, wenn es um die Frage geht, wie man sich selbst sieht und empfindet.
Mit geschlechtsspezifischen Eigenschaften und Schubladisierungen wird jede/r von uns irgendwann mal konfrontiert. Gewisse Fortschritte wurden in der Geschlechterfrage in den letzten Jahren erzielt. Es ist aber noch ein langer Weg, die Vorstellungen und Bedürfnisse aller Menschen erfüllen zu können. Althergebrachte Stereotype müssen revidiert, modernisiert und in der Gesellschaft akzeptiert werden. Gegenseitiger Respekt und Verständnis füreinander muss weiter gefördert werden.
Meine Brustfragmente modelliert aus Ton stellen nur einen kleinen Teil des menschlichen Körpers dar. Man könnte dabei Weiblichkeit und Fruchtbarkeit der Frau und Stärke beim Mann symbolisieren. Aber auch diese sind trügerisch, weil wieder nur nach Äusserlichkeiten und deren stereotypen Eigenschaften gewertet wird. Der Blick hinter die Kulisse wird uns verwehrt. Wir kennen nicht die wahren Gefühle dieser Menschen. Ordnen wir doch diese Eigenschaften mal umgekehrt zu. Aus diesem Grund ist auch die Kombination von Mann und Frau entstanden, welche genau auf diesen Punkt abzielen will.
Wo stehst Du selbst in der Geschlechterfrage und welche Erfahrungen hast Du in den letzten Jahren in diesem Bereich gemacht?
5 I VORURTEIL – GENERATIONEN
Alte sind geizig, griesgrämig, langsam, technologiefremd, verbraucht...
Junge sind frisch, wissbegierig, energiegeladen, innovativ, technologieaffin..
Alte sind weise, erfahren, gelassen, geduldig, verständnisvoll...
Junge sind unerfahren, faul, ungeduldig, frech, naiv...
Was denkst Du, wenn Du diese Beschreibungen liest?
Das Verhältnis zwischen den Generationen hat sich in den letzten Jahrzehnten in unserer Gesellschaft stark gewandelt. Früher wohnten oft mehrere Generationen unter einem Dach. Man war sich näher, half einander und verbrachte viel Zeit zusammen. Die Jungen lernten von den Alten und umgekehrt. Es war ein Geben und ein Nehmen. Natürlich waren auch solche Konstellationen nicht konfliktfrei. Sie wurden jedoch aus praktischen und finanziellen Gründen weitergeführt.
Vorurteile gegenüber jüngeren und älteren Personen entstanden seitdem dieses Modell immer seltener wurde. Die Jungen zogen früher aus und weiter weg. Man entfernte sich mehr voneinander und konnte sich deshalb gegenseitig immer schlechter beurteilen.
Heute sind ältere Menschen aktiver und fitter als früher, was mit der steigenden Lebenserwartung und besseren medizinischen Versorgung zu tun hat. Obwohl im Altersverlauf bestimmte Fähigkeiten abnehmen, allen voran die sensorischen und motorischen, nimmt dafür unser Wissen und der Erfahrungsschatz zu. Davon können die jüngeren Generationen im Berufsleben, sowie im Privaten profitieren. Umgekehrt können Junge durch ihre gute Ausbildung, technischem Knowhow und Energie die ältere Generation unterstützen. Die Beziehung zwischen den Generationen hat sich heute durch das Hüten von Grosskindern und die Aktivitäten der Menschen wieder verstärkt und verbessert.
Welche Beziehungen hast Du zu Menschen anderer Generationen und wie pflegst Du diese?
6 I VORURTEILE ABBAUEN
In welcher Schublade stecken Deine Vorurteile? Die Liste der Vorurteile ist mit den vorher gezeigten Thematiken nicht abgeschlossen. Es gibt noch viele andere Bereiche, bei denen wir Vorurteilen begegnen, wie z.Bsp. im Berufsleben, in der Erziehung und beim Thema Religion. Mit den folgenden sechs Schubladen und Schubladenrahmen kannst Du selbst herausfinden, in welche Du gehörst, bzw. welche Vorurteile Du zu diesen Themen hast.
Schau Dich selbst im Spiegel an: Was siehst Du?
Was willst Du sehen? Was denkst Du: Wie sehen Dich andere?
Hast Du jetzt ein anderes Bild von Deinen Vorurteilen?
Wie kannst Du bestehende Vorurteile abbauen?
Hinterfrage Deine Vorurteile. Bleibe neugierig. Geh offen auf andere Menschen zu. Versuche herauszufinden, was hinter der Fassade steckt.
Wenn du den ArtWalk gegangen bist, würde ich mich über dein Feedback freuen.